Gemeinsame Erklärung zum Artikel des Verfassungsschutz BW über die Beteiligung antifaschistischer Gruppen an „Die Rechte Welle brechen“

Wenige Tage nach der großen und erfolgreichen Demonstration „Die Rechte Welle brechen“ am 24.02.2024 veröffentlichte der baden-württembergische „Verfassungsschutz“ eine ausführlichere Mitteilung auf seiner Homepage. Die linksextremistische Szene versuche die aktuellen Proteste „gegen rechts“ zu beeinflussen, so der Titel. Dabei bezieht er sich hauptsächlich auf Veröffentlichungen und Aktivitäten des AABS – ein offenes antifaschistisches Treffen, das seit rund 20 Jahren in Stuttgart und Region den Widerstand gegen Nazis und Faschist*innen aller Couleur organisiert. Der „Verfassungsschutz“ schaut sich die Proteste „gegen rechts“ genau an.

Wesentliche Akteur*innen unseres Demonstrationsbündnisses sind schon seit vielen Jahren gegen die AfD und andere Rechte und Faschist*innen aktiv und arbeiten auch lokal in unterschiedlichen Bündnissen zusammen, die sich nicht mit einfachen Antworten auf die Rechtsentwicklung zufrieden geben.

Seit der Veröffentlichung der Recherche gehen bundesweit Millionen Menschen auf die Straße. In einigen Städten waren es hunderttausende an einem Tag und selbst in manch kleinem Ort, wo man es nicht vermutet hätte, schlossen sich Leute zusammen, um Proteste zu organisieren. Die Proteste ebben zwar zur Zeit schon wieder ab – dennoch sind es größten und breitesten Proteste gegen Rechts seit Jahrzehnten. Viele Menschen sind durch die Correctiv-Rechereche und die darauffolgenden Proteste darauf aufmerksam geworden, wie notwendig antifaschistisches Engagement ist.

Unsere Proteste passen dem „Verfassungsschutz“ nicht, weil unsere Antwort umfassender ist, als das, was viele – teils erst jetzt spontan entstehende – „Demokratie Bündnisse“ formulieren, wenn sie nach Antworten auf die bedrohlichen Zustände gefragt werden.

Die AfD ist zur Zeit die Spitze des Eisbergs. Die Rechtsentwicklung umfasst vieles mehr und – selbstverständlich – trägt die Politik der regierenden oder zuvor regierenden Parteien ihren Teil dazu bei. Unsere Kampagne soll nicht dazu dienen, dass sich Akteur*innen „reinwaschen“ können von einer Politik, die seit Jahren den rechten Vormarsch befeuert, sondern klar und deutlich sagen, was ist. Neoliberale und rechte Antworten mit denen die Krisen der vergangenen Jahre zu Lasten der sowieso schon abgehängten Teilen der Gesellschaft, ausgetragen werden, verursachen ein massives „nach unten treten!. Das hilft (nicht nur) der AfD zur Akzeptanz rassistischer, sexistischer und reaktionärer Politik, die als antifaschistische Bewegung auf vielen Ebenen zu bekämpfen ist. Diese Politik gilt es rundum in den Blick zu nehmen – für manche Akteur*innen in der Kampagne ist es daher unumgänglich, dass antifaschistische Arbeit auch bedeuten muss, für ein politisches System – jenseits des Kapitalismus – zu streiten, das dem Faschismus den Boden entzieht.

Gerade jetzt: gemeinsam in Aktion!

In „die Rechte Welle brechen“ haben sich über 90 Initiativen zusammengefunden. Gruppen, die sich für die Rechte von Geflüchteten einsetzen, Organisationen, die gegen Sozialabbau aktiv sind oder feministische Initiativen, die sich gegen reaktionäre Politik einsetzen. Doch klar ist: wirkungsvolle Antifa-Arbeit gehört dazu. Und sie muss stärker werden. Menschen, die jetzt bemerken, dass sie dazu beitragen wollen, die Rechtsentwicklung aktiv zu bekämpfen, sind herzlich eingeladen, mitzumachen.

Zum Beispiel bei antifaschistischen Treffen (wie dem vom „Verfassungschutz“ erwähnten aabs). Bei Gruppen, die nicht auf staatliche Antworten auf die Rechtsentwicklung warten. Und die schon gar nicht – beispielsweise mit lediglich der Forderung nach einem Verbot der AfD – auf den „Verfassungsschutz“ vertrauen, der schon alleine durch seine Entstehung und einer jahrzehntelangen Geschichte eng mit Faschist*innen und Rechten verbunden ist. Ein „Verfassungsschutz“ für den die radikale Linke und Antifaschistinnen Extremistinnen sind, die er zu bekämpfen hat, weil er eben kein neutraler Akteur ist sondern eine demokratische Ordnung verteidigen soll, in der Faschist*innen den Boden finden, den sie brauchen, um erfolgreich zu sein.

Seit Beginn dieses Jahres erleben antifaschistische Treffen einen großen Zuspruch zu ihrer Arbeit. Das ist auch überfällig, denn die Zeiten werden nicht besser werden. Mühsame Recherchearbeit, Bildungsarbeit, kleinteilige Organisation von Aktionen, aufwändige und kurzfristige Vorbereitung von Protesten gegen Rechte Veranstaltungen und das direkte Eingreifen gegen Nazis – und das alles unter einem hohem Repressionsdruck derjeniger, die nicht zulassen, dass dafür auch Antworten gefunden werden müssen, die der Staat in seiner Verfassung nicht geben wird. Dazu braucht es viele Aktive, auf unterschiedlichen Ebenen antifaschistischer Arbeit. Der 24.2. war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Der Zuspruch hat uns gezeigt, dass es den Menschen um weit mehr geht als um inhaltsleere Reden, in denen „die Demokratie“ gelobt und verteidigt wird. Diesen Weg wollen wir weiter gehen.

Als vielfältige Akteur*innen in der Kampagne „Die Rechte Welle brechen“ sehen wir, dass es den antifaschistischen Gruppen/Treffen gelungen ist, vom Aufwind der Bewegung zu profitieren und das ist auch notwendig.

Unsere Kampagne soll dazu ihren Beitrag leisten. Gemeinsam in Aktion!